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Heimarbeit

Auch unser Arbeitsleben hat sich auf ein Mal verändert – wenn wir überhaupt noch Arbeit haben. Wie gehen wir mit den veränderten Lebens- und Arbeitssituationen um, was bewegt uns dabei, was frustriert und was freut uns, welche neuen Erfahrungen machen wir, welche Lösungen finden wir? Denn Not macht erfinderisch. Berichte und Entdeckungen aus dem neuen Arbeitsalltag.


 

Adele Weiß zu Hause

Auch Prof. Adele Weiß kann nicht zur Arbeit gehen. In einem Moment von Frust stellt sie sich eine gute Frage und dann gibt's Musik.


 

Didine van der Platenvlotbrug and dear friends in Homework

Diashow: bitte rechts, bzw. links im Bild klicken


Homework


Plötzlich wurde mein Wohnzimmer zu einem Fernsehstudio. Innerhalb von Minuten transformierte sich mein so geschätztes Arrangement von Sofa, Weinregal, Kunstwerken und Hifi-Möbel in ein Fernsehstudio. Dank dem großen alles beherrschenden „C“. Meine Sandkasten-Tunten-Freundin Aurora deMeehl aus dem Südhessischen Darmstadt hatte am 14. März die Idee, da ihr die Auftritte wegbrachen aus ihrem Wohnzimmer heraus eine tägliche Facebook-Show zu senden. Um dem Virus, um den merkwürdigen drastischen Veränderungen und Einschnitten etwas entgegen zu setzen. Gitte Schmitz, Beate Fox, Nana M., Inside St.Pauli und ich waren von dieser Idee sofort angefixt und ab dem nächsten Tag waren wir auch auf Sendung. PPP-TV ein linker queerer TV-Sender war aus dem nix geboren und wir machten über Nacht mein zu Hause zu einem Home-Office-TV-Studio... Am Anfang (vor der Kontakteinschränkung) noch mit Gäst*Innen, jetzt als kleines Team senden wir 2-3 x wöchentlich eine Sendung. Seit dem ist nichts mehr so wie es war: Mein Bad ist in Glitter gehüllt, da wir uns dort schminken, mein ehemaliger Flur ist der Greenroom, in dem wir auf den Auftritt warten und die Bibliothek wurde zur Garderobe. Aber da ja alles im Ausnahmezustand ist, so darf auch meine Wohnung zu einer Home-Tunten-Stage werden. Und dieses Erleben des Ausnahmezustandes ist wichtig: Denn nichts daran ist normal. Alles ist komisch, irreal und merkwürdig. Besonders stark erleben wir als Macher*Innen von PPP-TV den Ausnahmezustand im sozialen Miteinander. Und wie viele andere auch haben wir – ganz ähnlich und parallel zu dem Konzept der chosen family – Gruppen gebildet, in denen Zärtlichkeiten, Nähe und Vertrautheit möglich sind, da alle der Nähe zustimmen und gleichzeitig sich sonst an physikalische Distanz und Vorsicht halten. Das große „C“ vergiftet auch die Seelen der Menschen: Frustration, Angst greift um sich. Auch dagegen wollen wir mit unseren oft improvisierten, ungeplanten, chaotischen Sendungen etwas entgegensetzen: 60 Minuten abschalten. 60 Minuten Imperfektion gegen die geforderten perfekten Verhaltensweisen im Drinnen und Draußen. 60 Minuten queeres Chaos und Anarchie, Improvisation und Grandesse. Denn auch die Queere Kultur leidet unter dem shut-down, vielleicht noch mehr als manche andere Kulturen. Queere Räume und Begegnungsstätten sind Orte in denen ein queeres Narrativ durch das gemeinschaftliche (Er-)Leben entsteht, ein Narrativ, das wir nicht haben, sondern uns tagtäglich erkämpfen müssen. Und das ist tatsächlich anders als z.B. in einem heteronormativen Mainstream in dem Narrative seit Jahrhunderten weitergegeben werden. Somit ist das in meiner kleinen Wohnung entstandene queere TV-Projekt auch ein Weg das queere Narrativ weiterschreiben zu können. Denn ohne den schöpferischen Akt, ohne die Tat, ohne das Erleben gibt es kein Queer und kein Wir!

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